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› the ghost who refuses to play dead


 

Hatte bei Georges Méliès das Staunen über an- und abwesende Körper und Teile davon Dank des Schnittes noch überwogen, so scheint dieses Staunen angesichts der Manipulierbarkeit von Bildern längst verloren gegangen zu sein. Dieses "sich-wundern" veranlasste nicht nur Méliès sondern auch andere Produzenten wie Lumière, Pathé und Gaumont oder die Surrealisten wie Clair und Buñuel zur Produktion unzähliger Tricks und irrationaler Schnitte mithilfe der Kamera und dem Schneidetisch. Das neue Medium stellte sie selbst als Varietézauberer und Filmmagier, als Hasardeure des Unbewussten vor. Ein Doppelklick auf das Bild startet den jeweiligen Film.


Frau und Meer scheint der Archetypus für eine bestimmte, sich in Bewegung befindende Terra incognita zu sein. Dies wurde in einigen Arbeiten filmisch bearbeitet. So findet sich zumindest das Sujet bereits bei Man Rays EMAK BAKIA von 1926, wenngleich das Verschwinden der Person keine Rolle spielt.


Alfred Hitchcock benutzt das Motiv um in seinem Debutfilm THE PLEASURE GARDEN von 1925 den verzweifelten Willen zum Selbstmord einer Haitianierin zu beschreiben. Instrumentalisiert von Lavett, einem weissen Mann, kündigt sie ihren Entzug an, der jedoch in einer überraschenden Wendung endet.


Bei Carolee Schneeman (Ausschnitt aus FUSES, 1967) scheint das konzeptionelle Element der Doppelbelichtung Meer und Frau visuell zu verdichten, ohne dabei auf die Erkennbarkeit des Motivs gänzlich zu verzichten. Allerdings verschwindet bei Schneemann die Frau nicht völlig im Wasser, sondern vieleher in den Schichtungen der Filmbelichtungen.


Mit der technischen Weiterentwicklung der schweren Filmkameras zu kleineren, transportablen Apparaten, aber auch der Weiterentwicklung der Filmempfindlichkeiten war es um 1929 endlich möglich, sich von Studioausleuchung und Stativ zu befreien um Bilder des "anderen", des "exotischen" und "fernen" herstellen zu können - mit der technischen Armierung Vertovs Kino Prawda erfüllte sich sein Traum des allgegenwärtigen Kinoauges (kinoki). Die Bilder der Handkamera waren zu Beginn der dreissiger Jahre ganz der Darstellung des Un- und Aussergewöhnlichen verpflichtet (dazu ist das Verfolgen eines Ballspiels durchaus zu zählen, im vergl. zu den produzierten Filmen der Zeit). Darüberhinaus wurde diese spezifische Handkameraästhetik von nachfolgenden Bewegungen wie dem Direct Cinema, der Ciné Verité aber auch in den 90er Jahren von der dänischen Bewegung Dogma'95 wieder aufgegriffen, die darin konsequenterweise ein Stilmittel erkannte und für ihre gezielte Public Relation einsetzten. Ausschnitt aus CHELOVEK S KINOAPPARATOM (Der Mann mit der Kamera) von 1929.

Zum Genre aufgestiegen ist die Ästhetik von Super8 Urlaubsfilmen mit ihren wahllos ausgesuchten Motiven. Kindheitserinnerungen und Rückblenden werden mittels Stilmittel der Filmkornvergröberung, Farbgebung und Bildstandvariation geleistet. Weisse Einzelbilder und Lichtverfärbungen verweisen hingegen auf die mangelnden Möglichkeiten proffesionelem Filmequipments, Filmschnitts und im allgemeinen professionelen Produktionsmittel und -bedingungen. Seitdem Super8 Filmkameras und entsprechendes Material - ganz nach der Eastmen'schen Vision - für breitere Bevölkerungsschichten erschwinglich wurde, tauchen zunehmend alltägliche Situationen in der Kleinfamilie und deren Umgebung auf Celluloid, wenn auch nur 8mm auf. Damit erfährt die Stilistik der aus der Hand gefilmten Dokumentationen eine neue Wendung weg vom exotisch Fremden hin zum alltäglich Privaten, in dem der filmende Familienvater nun sein Aussergewöhnliches sucht. Daß dieses Aussergewöhnliche allzuoft und vielzuschnell zu durchschauen war, erklärt vielleicht die allgemein schwindende Akzeptanz von Super8 als Dokumentationsmaterial. Aus diesem Grund mag Goldstein selbst auf Super8 zurückgegriffen haben, aber das Dokument selbst nicht für hochwertig angesehen haben. Es mag lediglich als beiläufige Dokumentation der "eigentlichen" Arbeit, einer Performance gedient haben.

Jack Goldsteins Filme liessen sich aufgrund der erforderlichen Film- und Effekttechnik oft nicht realisieren. Blizzards, Wirbelstürme und Wolkenbrüche konnten so filmisch nie realisiert werden, sodaß sich Goldstein für die Idee einen Ertrinkenden darzustellen, für die Produktion einer Langspielplatte entschied, "the drowning man" von 1975.

<audio "the six-minute drown">

 

Technische Analyse

Technische Daten zum Fundstück
› Filmstreifen mit Codes
› Filmstreifen mit Beschädigungen
› Filmspule mit Aufbewahrungsbox

Nomenklatura Kodak
› Code Notches
› Randnummern, Keycodes, Symbole

 

Inhaltliche Analyse

Pflanzenbestimmung
› Rosen (Henker & Schulze 1993)
› Bäume (Krüssmann 1979)
› Gräser (Conert 2003)
› Meerespflanzen (Gisi, Schenker, Schulin,   Stadelmann, Sticher 1997)

Gestein (Wimmenauer, 1985)

Insekten

Person
› Geschlecht, Konstitution, Größe, Alter

Mythen
› Wassernixe (Stamer 1987)
› Film als Dokument

 

Film-/Kunsthistorische Relationen

› Georges Méliès
› Man Ray
› Alfred Hitchcock
› Carolee Schneemann
› Dokumentarfilm 30er Jahre / Cine Verite
› Super8 Amateurfilme
› Jack Goldstein, Tonaufnahme
  "the six-minute drown", 1977

 

Déja vù

› Begriffsklärung
› Bericht Bernd Ruzisca, Düsseldorf
› Bericht Sonja Milka Bertucci, Berkley
› Aussagen Matt Mullican, Helene Winer

 

Autor

› Roland Barthes, Der Tod des Autors
› Michel Foucault, Was ist ein Autor?