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Isabel Gaszner
Überall und nirgends zur gleichen Zeit
TAZ - Kultur
6.10.03

Ungewöhnliche Videoclips brechen an alltäglichen Orten das Gewohnte auf: Studenten der Hochschule für bildende Künste Hamburg zeigen während der Aktion Locomotion_02 digitale Bewegungs-Bilder an feindlichen Orten

 

An diesen Anblick sollte man sich in den nächsten zwei Wochen gewöhnen: Eine Horde Menschen steht, umgeben von einer Aura demonstrativer Sinnlosigkeit in einer Hamburger Bahnhofshalle und starrt auf den riesigen Flachbildschirm von Bahninform. Doch mit den in diesem Sommer(-loch) Mode gewordenen Flashmobaktionen hat Locomotion_02 nichts zu tun.

Irritierte und interessierte Passanten, die sich hinzugesellen und vergeblich nach nicht alltäglichen Sensationen in der Nachrichtenbilderflut suchen werden überrascht sein: Kurze Videoclips, die mit Werbung nichts gemein haben, flackern für 20 Sekunden auf. Da sieht man herrenlose Koffer, zwei Semmelknödel und einen gespaltenen Schokopudding, die jodelnd auf der Waschmaschine wackeln. Büromenschen treiben lichtscheu im Schatten der Zivilisation ihr Unwesen. Oder eine "Olympiade im Liegen" sorgt auf spielerische Art und Weise für Amüsement.

Anknüpfend an das Projekt Locomotion_01 haben sich 16 Studenten der Hochschule für bildende Künste in Hamburg anfangs unter der Anleitung von Wim Wenders, experimentell mit digitalen Medien beschäftigt. "Sie agieren mit dem Bewegungs-Bild unter Bedingungen neuer Bewegungsformen und Wahrnehmungsweisen, wie sie auf Screens in der U-Bahn und anderen Fortbewegungsmitteln zu sehen sind" erklärt der Initiator Romeo Grünfelder das Projekt. Eine bsondere Herausforderung für die Studenten liegt dabei in der Konfrontation mit den "feindlichen Orten" der Realität, "indem der Clip den Rahmen repräsentativer Orte verlässt, die ihn als künstlerisch konservieren. Er durchquert Zonen äusserster Gleichgültigkeit. Er ist überall und nirgends."

Da kann es also passieren, daß man gespannt im Bus auf den nächsten Clip wartet und in Gedanken den Ausstieg verpasst. Oder in der Tankstelle die Wartezeit an der Kasse mit einem "skandalösen" Filmchen der Künstergruppe WUUUL versüßt wird, das manchen bestimmt an ein Knoff-Hoff-Experiment erinnert, aber dem Sponsor der Infoscreen Train dann doch zu anzüglich war.

Noch bis zum 16. Oktober, weitere Informationen im Internet unter http://home.arcor.de/locomotion